Superlative in
Kupfer und Silber
Das Startkapital kam aus einer Fernsehshow, heute stattet Emir Ali Enç mit seiner Firma Soy Türkiye Spitzenköch:innen, Milliardär:innen und Königshäuser aus. Gefertigt wird das Kochgeschirr in Istanbul von Hand aus Kupfer und reinem Silber.
(Küchenutensilien) Superlative gehören zu Emir Ali Ençs Wortschatz wie das Geräusch der Hammerschläge in die Werkstatt von Soy: Phrasen wie „Der Ferrari unter den Töpfen“, „Der Cristiano Ronaldo des Kupfer und Silber“ (über einen seiner Mitarbeiter) oder „Das idealste Kochgeschirr auf diesem Planeten“ kommen dem türkischen Unternehmer leicht über die Lippen. Manche Superlative sind reine Physik und schlicht nicht zu widerlegen: Silber und Kupfer, die Rohstoffe, aus denen das Zubereitungsgeschirr von Soy besteht, sind die Materialien mit der höchsten Wärmeleitfähigkeit überhaupt. Die Y-förmig angebrachten Griffe indes bestehen aus einer patentierten Bronzelegierung, von der man genau das Gegenteil möchte: Durch sie sollen die Hände von Hitze verschont werden.
Angesichts Emir Ali Ençs Superlativliebe ist es wenig überraschend, dass er das exklusivste regulär erhältliche Produkt in seinem Sortiment speziell als solches hervorhebt: Es handelt sich um eine Kasserolle mit 32 Zentimeter Durchmesser aus reinem 999er-Silber in einer Wandstärke von 3 Millimetern, die in einer Wasserbüffellederbox geliefert wird und für die eine schier ewige Garantie gilt – über die Käufergeneration hinaus.
Emir Ali Enç hat als Diplomatensohn in zehn Ländern gelebt, wie er erzählt, und spricht acht Sprachen. Soy hat er mit einem Startkapital aus einer Fernsehshow gegründet. Irgendwann sei ihm aufgefallen, dass es in der Türkei trotz der langen Tradition der Kupferbearbeitung keine namhafte Marke für solche Produkte gebe und dass der Markt für Kupferkochgeschirr im Premiumsegment von belgischen und italienischen Firmen dominiert werde, obwohl es dort wiederum gar keine solche Handwerkstradition gebe. Angefangen hat er mit einer Souterrain-Werkstatt im Gewirr des Großen Basars von Istanbul, mit Wänden in fast unwirklichem, geradezu hypnotisch leuchtendem Blau. „Diese Farbe ist ganz typisch für traditionelle türkische Metallverarbeitungsbetriebe“, so Emir Ali Enç. Edle Logo-Einkaufstaschen gab es im Großen Basar nicht: Für den Weg aus dem engen Gassenlabyrinth hinaus packte man den Kund:innen die wertvolle Fracht vielmehr in handelsübliche schwarze Müllsäcke – „unauffälliger ging es nicht“.
Mittlerweile ist Soy Copper für die Produktion an einen anderen Standort übersiedelt, die frühere Werkstatt dient seither als Showroom. Soy bedeutet auf Türkisch übrigens „Wurzeln, Herkunft“.
Zur Kollektion gehören kleine Gefäße in einer Wandstärke von eineinhalb Millimetern, etwa Shot-Becher oder Cezve, die klassischen türkischen Kaffeekännchen, genauso wie großformatige Rührschüsseln für die Patisserie oder kapitale Fischbräter. Letztere können über sechs Kilo wiegen, auf Anfrage sind sie für die Gastronomie sogar in noch größerem Format zu haben. Typisch für alle Produkte von Soy sind die unzähligen kleinen Dellen in der Oberfläche, völlig regelmäßig, aber doch so minimal unterschiedlich, dass man sofort die Handarbeit erkennt. Metallspezialist:innen aus verschiedenen Herkunftsländern hämmern das Muster in einer Mischung aus höchster Konzentration und Trance schneckenförmig in runde Platten, aus denen später die unterschiedlichsten Geschirre angefertigt werden. Wer dieses Geräusch, ein gleichmäßiges Klong-Klong-Klong, einmal gehört hat, vergisst es nicht mehr.
Emir Ali Enç hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt auf den Markt für Silberkochgeschirr konzentriert. Seine Kollektion „Soy G Pure Solid Silver“ wird vom Barren an in den eigenen Werkstätten handgefertigt. Wegen der speziellen Materialeigenschaften kommen die Silberprodukte nicht zuletzt auf See zum Einsatz: Denn sie sind besonders resistent gegen Korrosion. Salzige Luft mache reinem Silber im Gegensatz zu Kupfer und Stahl nichts aus, sagt der Unternehmer.
Soy habe bereits so manche Luxusyacht ausgestattet, und auch in diversen Wohnsitzen an der Küste seien die Kasserollen, Cocktailshaker und Pfannen aus reinem Silber in den Küchen zu finden. Zu seinen Kund:innen zählen auch Königsfamilien aus dem Mittleren Osten. Eine davon habe für die königliche Yacht eine Spezialkollektion bestellt – inklusive Vertraulichkeitsvereinbarung. Ein europäisches Königshaus indes habe in Istanbul Silberkochgeschirr mit Diamantgravur-Wappen fertigen lassen. Und nie vergessen wird Emir Ali Enç eine Anfertigung für einen exzentrischen amerikanischen Milliardär: Töpfe und Pfannen in Form des Pentagons.