Wie luxuriöse Sleepwear zur
stilvollen Tagesgarderobe wird
Was einst der Nacht vorbehalten war, tritt jetzt selbstbewusst ans Tageslicht. Dayjamas verbinden mühelos Eleganz mit Komfort und verleihen Nachtwäsche eine neue Dimension.
(Tag und Nacht) Es klingt fast wie ein Traum – Outfits, so gemütlich wie Schlafanzüge und gleichzeitig so elegant wie Cocktailkleider. Luxuriöse Sleepwear hat ihren Weg vom Schlafzimmer auf Soirées und vom Laken zum Lunch gefunden. Mit fließender Seide, schwerem Satin, kunstvollen Prints und raffinierten Silhouetten sind diese Nachthemden und Pyjamas eigentlich viel zu schön, um sie nur im Schlaf zu tragen. Dabei sind sie so komfortabel, dass ein spontanes Nickerchen darin, aber jederzeit möglich wäre.
Dayjamas, also Pyjamas, die auch tagsüber tragbar sind, ziehen schon fast mehr Aufmerksamkeit auf sich als die inzwischen salonfähigen, sportlich inspirierten Post-Pandemic-Sweat-Kombinationen. Sie läuten – still und unaufgeregt – eine neue Ära ein, in der kompromisslose Bequemlichkeit auf stilvollen Pragmatismus trifft.
Eine Marke, die sich bereits 2014 auf diese Hybridmode spezialisiert hat, ist The Sleeper, ein von den Modejournalistinnen Kate Zubarieva und Asya Varetsa in der Ukraine gegründetes Unternehmen. Die Idee dazu entstand zur Weihnachtszeit, als Zubarieva von einer Pyjamafabrik träumte – woraufhin sie Varetsa vorschlug, gemeinsam ein Label zu gründen. Mit einem Startkapital von gerade einmal 2.000 US-Dollar und einer einzigen Näherin brachten sie sechs Monate später ihre erste Kollektion auf den Markt. Dabei treffen entspannte Schnitte auf eine lässige, moderne Ästhetik samt edlen Materialien. Heute ist The Sleeper in über 160 Boutiquen weltweit erhältlich.
„Ist das ein Kleid oder ein Morgenmantel? Ein Pyjama oder ein Zweiteiler? Wir möchten Stücke kreieren, die beides sein können. So funktioniert ein Bademantel aus Leinen ebenso gut als Sommermantel. Und unsere weißen Seidenpyjamas kann man genauso gut auf einer Hochzeit tragen“, erklärt Zubarieva.
Damit hat The Sleeper einen Nerv getroffen. Das zeigt sich auch am neuen Boom des traditionsreichen Schostal Stores in Rom: Seit 1870 ist das Unternehmen bekannt für seine handgefertigten, äußerst klassischen Schlafanzüge. Mittlerweile sind die Wartelisten für die begehrten Teile sogar richtig lang. Die Hemden der klassischen Pyjamas werden als Cover-ups am Pool getragen, die feinen Hosen sitzen so perfekt, dass sie nicht nur im Hotelzimmer, sondern auch auf Vernissagen im Rahmen sind.
Auch in der künstlerischen Avantgarde-Mode hat der Bedroom-Look mittlerweile Einzug gehalten. Das südkoreanische Label Kimhekim zeigte etwa im Frühjahr in Paris die Kollektion „Dreamers“ mit seidigen Ensembles, pyjamaesken Zweiteilern und Tops aus Kissen.
Warum wirkt Sleepwear gerade jetzt so verführerisch? Nun, das Schlafzimmer gilt seit jeher als Rückzugsort – und in besonders unruhigen Zeiten ist ein Pyjama ein Symbol für Entspannung und Eskapismus. Er steht für die Freiheit, den eigenen Dresscode neu zu definieren. Es fühlt sich an wie ein Tagtraum, der die Nacht nicht enden lässt und der Realität eine sanfte Leichtigkeit verleiht. Und es schwingt auch ein Hauch Nostalgie mit: Denn wer erinnert sich nicht an die eine oder andere legendäre Pyjama-Party?
In dieser Tradition agiert auch der Künstler Julian Schnabel, der stets im Schlafanzug zu Ausstellungen und Events erscheint. Ob nun als Zeichen infantiler Exzentrik oder einer bewussten Gegenhaltung zu den strengen Dresscodes, sei dahingestellt. Heute sieht man das lockerer – auch, weil sich die Grenzen in der Mode immer mehr auflösen.
Natürlich kann man die edlen Pyjama-Kreationen auch weiterhin klassisch als Nachtwäsche tragen. Aber warum sollte Stil eigentlich beim Schlafen aufhören?